wut

#11 Wut – Selbstbeherrschung oder Wut rauslassen

Wut zeigt sich in sehr unterschiedlicher Weise, unterdrückte Wut, laute Wut und vieles mehr. Wir du diese Wut erkennst, verstehst und damit umgehst

Die schriftliche Version des Podcast – den Podcast hören kannst du hier. Im Interview mit Gelena Stillmann.

Einen weiteren Blog Artikel dazu findest du hier! 

Was ist da los?

Es ist dieses Brodeln in einem selbst. Diese Emotion, die für den Moment so dominiert, dass man sich manchmal gar nicht mehr unter Kontrolle hat.
Es geht heute um das Thema Wut. Was genau ist eigentlich Wut, Simone?

Simone: Wenn ich einmal so richtig aus mir herausgehe, man kann auch sagen, fast einen cholerischer Anfall habe, dann ist natürlich ganz viel Wut und Aggression dabei.
Aber es gibt auch eine unterdrückte Wut. Manchmal bemerkt man es bei Menschen, dass irgendetwas in ihnen brodelt. Das ist häufig eine unterdrückte Wut. Man kann sich das wie bei einem Kessel vorstellen, der explodieren kann, wenn er lange genug kocht. Insofern ist der Umgang mit der Wut, die in uns allen steckt, sehr wichtig.

Ist es denn gut, diese Wut herauszulassen, oder wie kann ich das verstehen?

Simone: Ja, es ist gut, solange niemand dabei gefährdet wird. Nein, es ist natürlich nicht gut, sie an anderen Menschen auszulassen. Aber es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen, und einen Zugang zu finden, wie man die Wut anders kanalisieren kann. Dazu müssen wir feststellen, wo kommt sie überhaupt her?

Ja, das wäre meine nächste Frage. Woher kommen Wut und Aggression, und warum werden manche schnell wütend und andere gar nicht?

Simone: Zum einen kommt es auf den persönlichen Charakter an, denn es gibt Charaktere, die impulsiver reagieren als andere. Sie neigen dazu, auch wegen Kleinigkeiten zu explodieren. Meist wissen sie das aber, und können daher eher damit umgehen. Sie sind in der Lage, die Wut zu steuern, so dass der andere nicht unbedingt alles mitbekommt.
Viel schwieriger ist die unbewusste Wut, die in uns schlummert, die uns aber nicht gegenwärtig ist. Sie kommt meist aus der Vergangenheit.
Bei Kindern gibt es eine klassische Wutphase, die einige vielleicht kennen. Zum Beispiel den Moment, wenn ein Dreijähriger sich im Supermarkt auf den Boden wirft. Der Grund ist nicht immer ersichtlich oder gar relevant. Vielleicht ist das Bonbon nicht im Mund gelandet, oder das Kind möchte irgendwas unbedingt haben. Möglicherweise gibt es aber auch gar keinen direkten Grund.
Die Trotzphase ist von solchen Wutausbrüchen gekennzeichnet. Was passiert bei einem Kind, das wütend ist in dieser Phase, dem das aber nicht zugestanden wird? Die Mutter sagt beispielsweise: „Du darfst nicht wütend sein, das bringt nichts!“ Vielleicht ist es sogar „gefährlich“ wütend zu sein, da es bestraft wird. Das Kind lernt also, die Wut zu unterdrücken, und kann sie dann auch als Erwachsener oft nicht ausleben. Das führt u.U. in späteren Beziehungen zu wirklichen Problemen, wenn man nicht bereit ist, über seine Emotionen zu sprechen.
Oft ist aber hinter der Wut viel Traurigkeit, Einsamkeit und Leere verborgen. Um die Wut auflösen zu können, ist es wichtig, in die Tiefe zu gehen und herauszufinden, woher sie kommt.

Du hast vorhin erwähnt, wütend zu sein ist ein Charakterzug, gerade dann, wenn man bewusst wütend ist. Ist das angeboren oder erlernt?

Simone: Sowohl als auch. Ich glaube, dass es einerseits angeborene Eigenschaften gibt. Manche Menschen sind von Natur aus extrovertiert, andere dagegen eher introvertiert. Andererseits entwickelt sich das auch, denn es gibt sicher introvertierte Menschen, die es lernen, etwas mehr aus sich herauszugehen. Und umgekehrt kann es natürlich sein, dass ein impulsives Kind durch Lernen ruhiger wird. In jedem Fall kann man als Erwachsener betrachten, wie und warum man in bestimmten Situationen reagiert.

Soll man also wütende Kinder wütend sein lassen, oder wie geht man damit als Mutter am besten um?

Simone: Es ist wie gesagt wichtig, herauszubekommen, warum derjenige gerade wütend ist. Das bedeutet, das Kind in seiner Wut ernst zu nehmen. Ich setze mich neben meinen Sohn und lasse die Situation auf mich einwirken. Meist reicht das schon, um zu verstehen, was in dem Kind gerade vorgeht. Manchmal hilft es auch einfach mitzumachen. So ist es schon oft passiert, dass wir diese ganze Wut gemeinsam herausgelassen haben. Danach ging es wieder ein bisschen besser

Geteilte Wut ist halbe Wut?

Simone: Ja, das Kind, spürt in diesem Moment, dass es ernst genommen wird, und so sein darf, wie es gerade ist. Und dass es jemanden gibt, der es versteht. Und oft ist ja auch so, dass wir selbst nicht immer so genau wissen, warum wir eigentlich wütend sind. Nach und nach kommt man dann doch auf den Grund, und kann festzustellen, dass beispielsweise um eine Kleinigkeit, die in der Schule passiert ist, ging.

Wie geht man als Außenstehender im Erwachsenenalter mit einem wütenden Gegenüber um? Gilt da auch geteilte Wut ist halbe Wut, oder wie soll man reagieren? Oder wenn der Partner wegen Nichtigkeiten immer wieder wütend wird?

Simone: Das hängt wahrscheinlich von der Beziehung an sich ab, und wie wichtig mir diese Person ist. Wenn mich jemand anschreit, der mir überhaupt nicht wichtig ist, drehe ich mich um und gehe. Dann darf er sich gerne allein mit seiner Wut beschäftigen.
Wenn es aber jemand ist, der mir wichtig ist, dann würde ich zum Beispiel sagen: „Deine Wut kommt mir ein bisschen extrem vor für die Situation, in der wir uns gerade befinden. Lass uns vielleicht nachher in Ruhe darüber sprechen.“ Ich ziehe mich also aus der Situation heraus, denn es ist nicht meine Wut.
Bei einem Erwachsenen würde ich, anders als bei einem Kind nicht mitgehen, und die Wut auch nicht gemeinsam ausleben. Und meist ist es bei Erwachsenen so, dass sie in diesem Moment sowieso nicht in der Lage sind, normal zu sprechen und zu sagen, was in ihnen vorgeht. Nach einer Auszeit oder beispielsweise einer Runde Boxen, spricht es sich später leichter.

Was ist denn mit der Wut während des Autofahrens, die ganz viele Menschen haben?

Simone: Ich halte die Wut beim Autofahren für gefährlich. Sie zeigt die Aggressionen, die sich tagsüber angestaut haben und hat eigentlich nichts mit den anderen Autofahrern zu tun, sondern entspringt immer dem eigenen Stresslevel. Oft haben wir einen Termin, und andere Menschen, Staus, oder Baustellen halten uns genau davon ab. Unsere Ungeduld, die wir nicht im Griff haben, kann leicht zu Unfällen führen.
Vielleicht sollte man sich fragen, ob man die Zeit nicht einfach für Gedanken, die einem durch den Kopf gehen, sinnvoll nutzen kann?

Wie kommen Menschen, die wütend oder sogar chronisch wütend sind, aus diesem Wutkreislauf selbst heraus?

Simone: Grundsätzlich ist der erste Schritt zu verstehen und anzuerkennen, dass ich wütend bin. Irgendwo steckt diese Wut, und ich muss herausfinden, warum sie da ist. Erinnere ich mich an einen Partner oder alte Vorkommnisse? Es kann passieren, dass Menschen aggressiv reagieren, wenn man ihnen die Frage stellt, an was es sie erinnert. Vielleicht gab es einmal einen Lehrer oder die Eltern, die gesagt haben: „Du bist nicht gut genug, du kannst das nicht, du schaffst das nicht, du bist zu blöd…
Als Erwachsener sollte man sich jedoch klar machen, dass man nicht mehr so reagieren muss, wie man als Kind reagiert hat. Oft sind es Themen mit einem selbst, man ist wütend auf sich selbst und nicht auf andere Menschen.
Dann kann man einen Brief an sich selbst schreiben, oder auch an einen anderen Menschen, von dem wir denken, dass wir wütend auf ihn sind. Es ist gut, um diese Wut auch einmal herauszulassen, aber nicht an den anderen unbeteiligten Menschen. Oft ist auch der Sport eine gute Hilfe dazu, z.B. Boxen oder in den Wald zu gehen und einfach laut zu schreien Manchmal steckt die Wut tatsächlich im Kehlkopf fest, weil sie noch nie herausdurfte, und da kann das helfen.
Es gibt in anderen Ländern sogenannte Schrei-und Wuträume, und es werden Wutseminare angeboten, in denen man mehrere Tage nichts anderes macht, als die Wut herauszulassen. Danach fühlt man sich von diesen alten Emotionen gereinigt.

Muss man das regelmäßig machen, um die Wut auszulöschen?

Simone: Wenn man sich intensiv mit dem Thema Wut beschäftigt, dann darf das auch nur punktuell sein. So kann man den Großteil der Wut über einen kürzeren Zeitraum von 1,2,3 intensiven Wochen, am besten mit Begleitung, bearbeiten.
Wenn man das geschafft hat, wird man zwar nicht auf einmal sanft wie ein Lamm sein. Aber man erkennt die Situationen, die einen wütend machen, deutlich besser, und kann dann anders damit umgehen. Danach läuft der Prozess zwar weiter, aber der Hauptteil dauert nicht sehr lange.

Wie kann man sich selbst zügeln, bevor man überhaupt wütend wird? Also beispielsweise sich in einer Situation, von der man weiß, dass man immer wütend wird, zu bremsen und zu sagen: „Jetzt will ich nicht wütend werden, und ich will mich unter Kontrolle halten?“

Simone: Dazu ist ein hohes Maß an Bewusstsein nötig, aber man kann das tatsächlich üben. Klassisches Beispiel ist der Umgang mit Schwiegermüttern oder Müttern, die solche Situationen hervorrufen. Wenn ich bereits weiß, in bestimmten Situationen kann es dazu kommen, dass ich wütend werde, hilft es mit einer anderen Energie hineinzugehen und zu sagen: „Heute werde ich dem Ganzen nicht mit Wut begegnen, sondern ich bin entspannt und kann der Situation daher locker entgegentreten.
Das heißt nicht, dass ich allem zustimmen muss, aber ich mache es auf eine andere Art, und bleibe in meiner Kraft und sage trotzdem, was ich möchte. Das hört sich einfacher an, als es ist und benötigt viel Übung. Ich würde wirklich jedem empfehlen das in kleinen eher unwichtigen Situationen zu probieren, also nicht gerade bei einer großen Familienfeier damit anzufangen.
Gerade bei Kleinigkeiten ist es leichter, sich im Alltag einmal nicht aufzuregen und auf eine andere Art und Weise zu reagieren. Daraus lernt man, man kann es lösen, und mit diesem Learning geht man in die nächste Situation. Auf diese Weise können sich solche Dinge auf jeden Fall langsam, aber sicher verändern.

Gibt es Tipps und Tricks für den Alltag, um generell ein etwas ausgeglichener Mensch zu werden?

Simone: Die absolut wichtigste Punkt dabei sind die Gewohnheiten, achtsame Gewohnheiten. Das bedeutet 3- bis 4-mal am Tag zu sich zu kommen und kurz innezuhalten. Es genügt dabei, eine Minute tief einzuatmen und einfach zu beobachten, was man spürt. Ist da Wut? Was mache ich gerade? Was habe ich vor der Achtsamkeitsminute gemacht? War das gut oder weniger gut?
Solche Pausen im Alltag sind Gold wert, und je mehr man Zugang zur Meditation hat, desto mehr Sinn macht es, morgens oder abends zu meditieren und auch Dankbarkeiten aufzuschreiben. All das führt dazu, immer mehr bei sich zu sein. Und je mehr man bei sich ist, desto besser kann man auch mit den eigenen Emotionen umgehen.

Loszulassen ist dabei auch ein ganz wichtiger Punkt, gerade in Wutangelegenheiten, denn immer, wenn man loslässt, ist man gar nicht mehr wütend, oder?

Simone: Ja, absolut man kann so viel loslassen, und ich glaube, das ist sogar eine eigene Episode wert, oder?

Genau wie man richtig loslässt und welche Vorteile das Loslassen bringt, darüber sprechen wir in Folge 12, und darauf freue ich mich ganz besonders.

Simone: Bis dann!

Ich hoffe es hat dir Spaß gemacht, den Podcast „zu lesen“

Deine Simone

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