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Podcast #14 Schlechtes Gewissen, Schuldgefühle und Scham, woher kommt es und was tun?

Ständig ein schlechtes Gewissen, das Gefühl Schuld zu sein? Zeit zu schauen, wo das herkommt und vor allem, was nun zu tun ist.

Die schriftliche Version des Podcast – den Podcast hören kannst du hier. Im Interview mit Gelena Stillmann.

Was ist da los – was ist das Gelassenheit?

Ich weiß nicht, ob es angeboren ist, oder ob wir es im Laufe des Lebens erlernen: Das schlechte Gewissen, die Schuld, Schuldgefühle, Scham. Woher kommt das alles, Simone?

Simone: Ja, da hast du jetzt gleich drei wirklich krasse Begriffe genannt, und die hängen im Prinzip alle ein bisschen zusammen. Wir könnten jetzt ganz weit zurückgehen bis zur Ur-Sünde. Aber das machen wir natürlich nicht.

Aber tatsächlich war damals schon der Anfang. Das lernen wir, und das ist vielleicht schon die Antwort auf deine Frage: „Ist es angeboren?“ Nein, es ist nicht angeboren. Aber wir lernen es sehr früh.

Wir lernen schon in der Schule, dass man in der Kirche beichten darf, so denn man in der Kirche ist. Dass es die Ursünde gibt, und dass wir aus dem Paradies verjagt worden sind. Die Schuld, die wird uns sehr schnell beigebracht. Und dann wird sie noch gemischt mit ein paar schönen Glaubenssätzen wie: „Ich bin nicht gut genug. Ich schaff das alles nicht. Ich kann das nicht.“ Dinge, die wir in der Kindheit vielleicht häufig hören.

Und schon haben wir das Gefühl, uns permanent entschuldigen zu müssen, was so viel heißt wie, uns von Schuld freisprechen zu müssen, was natürlich ein Blödsinn ist.

Gehen wir zurück in die Kindheit und Erziehung: Was sind typische Situationen, in den Eltern uns die Schuld beibringen, auch wenn sie es eigentlich nicht möchten?

Simone: Da gibt es mehrere Beispiele: Es fängt schon damit an, dass wir den Kindern nicht viel zutrauen und immer sagen: „Das kannst du nicht, dazu bist du zu klein.“

Meist ist das überhaupt nicht der Fall, und wir projizieren nur die eigenen Ängste auf die Kinder. Denn vielleicht kann das Kind schon diverse Dinge. Danach sagen wir: „Ich habe dir doch gleich gesagt, dass das und das passiert.“ Wir verwenden auch häufig, „wenn – dann Sätze“. Wenn du das machst, dann passiert…. Wenn du das aber nicht machst, dann ist derjenige natürlich wieder schuld. Wir spielen in ganz vielen subtilen Glaubenssätzen diese Schuld immer wieder dem Kind zu, was natürlich nicht nur bei den Eltern, sondern auch sehr viel in der Schule passiert.

Das heißt, die Kommunikation ist das Wichtigste. Wie kommuniziere ich richtig mit meinem Kind? Was sage ich ihm? Brauche ich mehr Vertrauen in mein Kind?

Simone: Ich glaube, das Schwierige daran ist, dass die meisten Eltern es nicht absichtlich machen, sondern dass es, bevor es an die Kommunikation geht, erst mal zu schauen gilt, welche Ängste ich eigentlich selbst habe und gerade auf das Kind nur projiziere.

Wir dürfen tatsächlich sagen, es gibt keine Fehler, und es gibt auch kein Versagen. Das ist etwas, was wir als Erwachsene auch wieder lernen dürfen. Wir dürfen aus Dingen lernen, und Fehler sind Helfer. Das fängt schon in der Schule an, wenn in der ersten Klassenarbeit alles rot ist. Der Fokus wird auf die Fehler gelenkt: „Du bist schuld, du kannst das nicht, du schaffst das nicht.“ Anstatt zu sagen: „Wow, du hast einen großartigen Aufsatz geschrieben, an der Rechtschreibung müssen wir noch ein bisschen arbeiten.“

Zeig mir eine Schule, in der es so etwas gibt, denn das ist der ausschlaggebende Punkt.

Simone: Ich bin Berufsoptimist. Ich weiß, dass es diese Schulen schon langsam gibt, und dass es in der Zukunft immer mehr werden. Ich habe derzeit gerade auch keine Lösung, aber ich kann als Elternteil bei mir selbst anfangen. Wir können den Kindern zutrauen, dass sie es schaffen, und sie auch etwas ausprobieren lassen. Vor allem aber dürfen wir aufhören, unsere eigene Schuld, die wir vielleicht aufgeladen haben, durch Trennungen, durch schlechten Beziehungen oder Erfahrungen auf unsere Kinder zu legen, denn die können wirklich gar nichts dafür.

Aber woher kommt es, dass wir ständig jemanden suchen, der Schuld hat? Der ist schuld daran. Sie ist schuld daran. Ich bin es auf jeden Fall nicht. Aber vielleicht er?

Simone: Es ist viel einfacher, wenn jemand anders schuld ist. Das hat sehr viel mit Verantwortung zu tun. Verantwortung für das eigene Leben zu haben und auch zu übernehmen. Dabei müssen wir uns auch eingestehen, dass die Fehler, die wir gemacht haben, unsere waren. Erkennen und darüber nachdenken, was wir vielleicht daraus lernen können, statt zu sagen: Der Mann, der Ex-Mann oder die Eltern sind schuld.

Natürlich haben auch die ihren Teil dazu beigetragen. Aber letzten Endes haben wir das mit uns machen lassen, und wir dürfen gerne sagen: „Okay, Stopp! Ab jetzt übernehme ich die volle Verantwortung dafür, und dann kann ich mich auch einmal entschuldigen. Denn es spricht nichts dagegen, den Mitmenschen zu sagen: „Sorry, ich habe mich danebenbenommen, das tut mir leid.“

Sehr schwer!

Simone: Ja, sehr schwer, aber auch sehr bereinigend, und meist sogar nicht nur für die Beziehung, sondern vor allem für uns selbst. Denn wir tragen das schlechte Gewissen trotzdem mit uns herum. Es ist ja nicht so, nur weil wir andere Leute beschuldigen, dass wir nicht wissen, dass es vielleicht gar nicht so stimmt, wie wir das darlegen.

Apropos schlechtes Gewissen. Woher kommt das schlechte Gewissen in uns?

Simone: Wir haben permanent das Gefühl, alles falsch zu machen. Dieses Gefühl, es könnte etwas passieren, ich könnte etwas falsch machen, ist ganz tief in uns verankert. Das liegt daran, dass wir sehr häufig Angst vor dem Versagen haben. Und diese hängt wiederum damit zusammen, dass wir es als sehr wichtig empfinden, was andere Menschen von uns denken.

Wenn wir etwas tun, was andere vielleicht nicht so gut finden, verlieren wir eventuell ihre Anerkennung, Liebe und Sicherheit. Und genau darum dreht es sich meist bei uns Menschen. Wir brauchen die Anerkennung der Menschen um uns herum. Damit geraten wir in einen Gedanken-Kreislauf, der sich um dieses „Ich darf auf gar keinen Fall etwas falsch machen!“ dreht.

Was sind denn typische Situationen, in denen wir schnell ein schlechtes Gewissen bekommen?

Simone: Ganz spontan fällt mir Folgendes ein: „Du möchtest abnehmen und isst das Tortenstück hier. Da hast du sehr schnell ein schlechtes Gewissen.

Sehr schnell!

Simone: Dann darfst du fragen: „Warum ist das so? Ist der andere Schuld, der dir das Tortenstück angeboten hat?“ Immer! Natürlich! Oder aber du sagst: „Ich hätte theoretisch auch sagen können, dass ich gerade auf meine Gesundheit achte. Oder auch ehrlich, dass ich gerne ein paar Kilo abnehmen möchte. Das passt gerade nicht.“ Aber das machst du nicht. Warum? Weil du Angst davor hast, was der andere dann denkt. Du möchtest denjenigen auch nicht verletzen. Aber ist das wirklich so? Verletzt du jemanden, nur weil du sagst: „Nein, danke, ich möchte gerade keine Torte essen!“?

Nicht langfristig.

Simone: Nein, nicht langfristig, absolut.

Wir haben ein schlechtes Gewissen, wenn wir anderen gerade nicht helfen können, sondern auch wenn es darum geht, Hilfe von anderen anzunehmen. Wie ist das mit diesem Thema?

Simone: Ja, Hilfe anzunehmen ist ein separates Thema. Beim Stichwort „Helfen“, ist es auch sehr häufig, dass wir das nur aus schlechtem Gewissen und aus einem Schuldgefühl heraus machen, dass wir für den anderen da sein sollen. Oder ob wir das wirklich selbst wollen. Da hilft manchmal auch einmal mehr „Nein“ zu sagen.

Ich muss nicht bei allem helfen. Wir sind zwar sehr hilfsbereite Menschen, und das ist auch gut so. Aber oft tun wir das nur aufgrund eines schlechtem Gewissens. Hier darf ich mir sehr bewusst machen, warum ich gerade etwas tue.

Und manchmal möchte man gerne Hilfe annehmen, hat aber ein schlechtes Gewissen dabei, „Ja“ zu sagen.

Simone: Das ist auch komisch, oder? Man möchte dem anderen nicht zur Last fallen und nicht zu viel sein. Auch das ist ein reines Gedankenkarussell.

Ich habe eine kleine Affirmation, die dazu sehr gut passt. Anstatt sich immer wieder zu sagen: „Ich bin wertvoll“ oder etwas, was der Körper vielleicht noch gar nicht richtig verstehen möchte, und der Geist schon gar nicht, kann man sagen: „Ich tue oder gebe täglich mein Bestes. Das nimmt etwas den Druck heraus und hilft vielleicht auch dem schlechten Gewissen.

Und vielleicht zu sagen Das ist okay. Es ist okay, was gerade passiert.

Simone: Es ist okay, so wie es ist und es ist okay, was gerade passiert.

Ist das eine Art und Weise, wie man das schlechte Gewissen ausschalten kann? Oder gibt es da vielleicht noch andere Taktiken?

Simone: Ich glaube, wir sollten dieses schlechte Gewissen auszuschalten gar nicht so wichtig nehmen, sondern eher sagen: „Wie kann ich langfristig daran arbeiten, dass ich es nicht mehr habe?“

Das hilft und ebenso wie die Übungen, die wir schon beim Thema Gelassenheit gehört haben. Einfach zu sagen: „Ja, ich darf auch einmal nein sagen. Ich darf Hilfe annehmen, und ich muss nicht immer alles so machen wie andere es vielleicht von mir erwarten. Denn es passiert auch nichts, wenn ich es einmal anders mache.“

Irgendwie liegt es bei uns in der Natur, sich für ganz normale Dinge zu schämen und sich ein schlechtes Gewissen anzueignen, wie zum Beispiel, wenn man in der Öffentlichkeit zu laut lacht. Dieses Gefühl sollte man einfach abschalten, oder?

Simone: Wahrscheinlich ist wieder die große Frage: „Wer bin ich wirklich, und bin ich stolz darauf, wer ich wirklich bin?

Vor dieser Frage haben viele Menschen Angst. Bin ich vielleicht einfach jemand, der laut lacht? Und hat das Schattenseiten? Ja, hat es. Denn es kann zum Beispiel natürlich sein, dass es unpassend ist, oder dass irgendjemand sich dadurch gestört fühlt.

Es kann aber auch sein, dass es ganz viele Menschen total ansteckend finden und dich als fröhlichen, extrovertierten Menschen wahrnehmen.

Die Frage, die sich immer lohnt: „Sind die Dinge, für die ich mich schäme, nicht vielleicht eigentlich meine Stärken?“ Sich mit den Stärken zu beschäftigen und zu fragen, was macht mich als Mensch aus, ist etwas Besonderes. Je mehr man das zur Schau stellt und sagt: „Ja, ich schäme mich jetzt nicht dafür“, desto einfacher ist es auch, das zu integrieren.

Also einfach das Leben genießen und weniger oft nachzudenken. Vor allem, wenn es darum geht, Hilfe zu bekommen und diese anzunehmen. Aber darüber sprechen wir im Detail in der nächsten Podcastfolge. Ich freue mich sehr darauf, denn es ist ganz wichtig, das zu tun.

Simone: Da helfen wir uns dann gegenseitig im nächsten Podcast. Großartig!

Ich hoffe es hat dir Spaß gemacht, den Podcast „zu lesen“

Deine Simone

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