Reassurance Seeking – Wenn Kontakt keine Verbindung schafft, sondern Angst beruhigt
Es gibt Muster in Beziehungen, die so alltäglich wirken, dass wir sie kaum bemerken – und trotzdem erschöpfen sie uns tiefer als jeder Konflikt.
Eines davon heißt in der Psychologie Reassurance Seeking: das ständige Einholen von Bestätigung, dass alles gut ist. Mit der Situation. Mit dir. Mit der Beziehung.
Auf den ersten Blick wirkt es wie Interesse. Wie Aufmerksamkeit. Wie Nähe.
Doch wenn man genauer hinsieht, ist es oft etwas ganz anderes:
nicht Nähe, sondern Selbstberuhigung.
Wie Reassurance Seeking aussieht – und warum es so schwer zu erkennen ist
Menschen, die Reassurance Seeking betreiben, tun das selten bewusst.
Ihr Nervensystem sucht Halt im Außen, ohne es als „Suchen“ zu erleben.
Das zeigt sich oft in diesen Formen:
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viele Nachrichten ohne wirklichen Inhalt
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schnelle Kontaktaufnahme, sobald jemand schweigt
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Reaktionen auf jede Kleinigkeit (Storys, Posts, halbe Sätze)
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endlose Erklärungen und Monologe, um Unsicherheit zu reduzieren
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ständiges Nachfragen, ob „alles okay“ ist
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Informationsflut als Ersatz für echte Begegnung
Für die Betroffenen fühlt es sich nach Kontakt an.
Für die andere Seite ist es oft Energieverlust.
Wie sich Reassurance Seeking für die andere Seite anfühlt
Viele merken erst spät, dass sie in so einer Dynamik stecken.
Denn nach außen wirkt das Verhalten freundlich, zugewandt, interessiert.
Erst das Nervensystem meldet:
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„Das ist zu viel.“
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„Ich fühle mich verantwortlich gemacht.“
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„Ich verliere Energie, obwohl nichts Schlimmes passiert.“
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„Ich spüre, dass ich Kontakt halten soll, den ich nicht halten kann.“
Nicht weil der Mensch „anstrengend“ ist.
Sondern weil der Kontakt nicht auf Verbindung basiert,
sondern auf Angst.
Und Angst erschöpft – immer.
Wie du erkennst, dass du selbst im Reassurance Seeking bist
Das braucht Ehrlichkeit, aber keine Scham:
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Du schreibst, weil die Stille dich nervös macht.
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Du erklärst viel, fühlst danach aber keine echte Erleichterung.
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Du redest über Gefühle, statt sie zu spüren.
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Du denkst Beziehung – statt in Beziehung zu sein.
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Du wirst unruhig, wenn jemand nicht sofort reagiert.
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Du wechselst den Kanal (DM, Story, Kommentar), um Reaktion zu bekommen.
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Du verwechselst Antwort mit Nähe.
Wenn du dich darin wiederfindest:
Es bedeutet nicht, dass du etwas falsch machst.
Es bedeutet nur, dass dein System gelernt hat, Sicherheit im Außen zu suchen – statt zuerst in dir.
Warum Reassurance Seeking Beziehungen so belastet
Weil es zwei Menschen in völlig verschiedene Rollen bringt:
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eine Seite sucht Halt,
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die andere soll ihn geben, obwohl sie ihn nie angeboten hat.
Das ist der Moment, in dem Kontakt nicht mehr gegenseitig ist.
Es ist auch der Punkt, an dem Grenzen unbewusst überschritten werden:
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Die andere Person spürt nicht, dass es zu viel wird.
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Sie merkt nicht, wenn jemand sich zurückzieht.
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Sie sieht nicht, dass Stille eine Grenze ist, kein Angriff.
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Sie spürt nicht, wie sehr sie sich im Außen festhält.
Reassurance Seeking ist eine Form von Beziehung – aber keine, in der echte Begegnung möglich ist.
Wie man aus diesem Muster herauskommt
Nicht durch Druck und nicht durch Scham.
Nicht durch „Ich mache das nie wieder“.
Der einzige Weg geht über Bewusstsein:
Erkennen, wann du Kontakt suchst, und wann du eigentlich Halt suchst.
Einen Moment innehalten, bevor du schreibst. Spüren, was in dir gerade wirklich los ist.
Deinem Nervensystem zutrauen, Stille zu halten und Kontakt nicht als Beruhigungsmittel benutzen.
Und dann zu kommunizieren, wenn du wirklich in Verbindung bist – nicht wenn du Angst beruhigen willst.
Eine Frage, die viel verändern kann
Wo suchst du in Beziehungen Reaktion und und wo suchst du wirklich Verbindung?
Und bist du bereit, zu unterscheiden?
Denn nur dort beginnt die Art von Nähe, die dich nicht müde macht, sondern lebendig.
Deine Simone
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