Ungeduld: Dein schlimmster Feind oder geheimer Verbündeter?
Einen wunderschönen Abend. Willkommen zu einer neuen Folge unseres Podcasts mit Simone Janak. Ein Thema, das uns alle betrifft, Simone: Geduld! Furchtbar!
Simone: Geduld ist eine Tugend oder vielleicht doch nicht? Wer weiß das schon?
Und „Ungeduld – eine sinnvolle Schwäche. Das sind deine Worte. Wie können wir das verstehen?
Simone: Ja, ich persönlich empfinde das zwar nicht so, aber ich habe den Eindruck, in unserer Leistungsgesellschaft wird das sehr oft so gezeigt. Ein Klassiker ist zum Beispiel, wenn im Bewerbungsgespräch gefragt wird: „Was hast du denn für eine Schwäche?“, dann kommt sehr oft das Wort „Ungeduld“.
Damit möchte derjenige eigentlich sagen: „Ich bin schnell, ich möchte meine Sachen erledigen, ich bin eifrig und fleißig“ Somit wird aus einer Schwäche auf einmal eine Stärke. Aber ist das wirklich so? Ist wirklich Ungeduld eine Stärke? Ich halte eher nichts davon.
Dann zuerst in den Anfang: Was bedeutet Geduld in der Gesellschaft?
Simone: Geduld bedeutet eigentlich Langmut, also die Fähigkeit zu warten, manche Dinge zu ertragen oder zurückzustellen. Geduld ist auch ein verständnisvolles Talent, Gelassenheit und Ruhe zu haben, dem Raum zu geben, was gerade da ist und warten zu können. Das kann natürlich auch ins Negative gehen.
Ist Ungeduld vielleicht auch eine „geduldete und erwünschte“ Schwäche in der heutigen Leistungsgesellschaft?
Simone: Ja, absolut. Ungeduld bedeutet auch, ich möchte nicht alles ertragen, und ich möchte nicht alles erleiden, sondern ich versuche, auch wirklich etwas zu ändern. Ich bin nicht mehr bereit, ewig zu warten, sondern ich möchte „mein Ding durchziehen“.
Was triggert denn die Ungeduld?
Simone: Zuerst einmal wollen die Menschen ihre Sachen abhaken können. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es permanent Stress-Situationen gibt. Wir haben oft keine Zeit für schöne Dinge, wir haben keine Zeit für unsere Arbeit. Und je öfter das passiert, desto ungeduldiger werden wir mit uns selbst und natürlich auch mit anderen.
Die eigenen Erwartungen spielen hier wahrscheinlich auch eine große Rolle.
Simone: Da sind wir wieder bei unserem Lieblingsthema angekommen, beim Mindset. Ungeduld ist natürlich ein großes Thema in der Persönlichkeitsentwicklung. Wenn unsere Ansprüche sehr hoch sind, und wir etwas Bestimmtes erreichen wollen, dann kann es passieren, dass wir ungeduldig mit uns selbst sind. Vielleicht weil wir unseren eigenen Ansprüchen nicht genügen, aber vielleicht auch den Ansprüchen von anderen. Ob diese Ansprüche der anderen wirklich da sind, ist meist eine Sache der Interpretation.
Durchatmen und Atemübungen sollen hier Abhilfe schaffen, oder?
Simone: Ja, dazu müsste man sich erst einmal bewusst sein, dass man ein Thema mit der Ungeduld hat. Ich würde auf jeden Fall jedem ans Herz legen, zu schauen: „Wie bin ich von meiner Persönlichkeit? Bin ich eher eine „schnelle“ Persönlichkeit? Oder: Schaffe ich es, die Dinge ein bisschen langsamer anzugehen?“
Ich glaube, dass es ungeduldige und geduldige Persönlichkeiten gibt. Aber es kommen hier natürlich auch die familiären Themen dazu: „Wie bin ich aufgewachsen? Haben meine Eltern, wenn ich gewartet habe und gelassen war, gesagt: „Jetzt komm endlich mal in die Gänge?“ Oder ist es vielleicht andersherum gewesen: „Du warst als Kind total ungeduldig, und die Eltern haben gesagt: „Stopp mal, mach doch langsam.“
Das prägt und unsere Ungeduld dürfen wir annehmen, dass wir sie haben. Wenn du zu den Ungeduldigen gehörst, wäre es auf jeden Fall sinnvoll zu beobachten, wann ist das der Fall? Ist es immer so oder vielleicht nur im Beruf oder nur im Privatleben? Da gibt es Unterschiede.
Manche Menschen sind ja schon ungeduldig, wenn sie auf den Lift warten und sich in diesen 30 Sekunden vielleicht nicht mit sich selbst beschäftigen können. Was kannst du diesen Menschen raten?
Simone: Diese gibt es nicht nur am Lift, sondern auch an der Supermarktkasse. Da hört man oft, wenn drei Leute warten, ruft der Vierte schon: „Bitte eine neue Kasse aufmachen!“ Solchen Menschen rate ich auf jeden Fall zu überlegen, warum sie es so schrecklich eilig haben.
Was ist gerade so wichtig, dass diese drei Minuten einen Unterschied machen? Kann man sich vielleicht stattdessen freundlich umschauen, und vielleicht den Menschen, der mit einem wartet, grüßen und ein nettes Wort mit ihm wechseln? Das macht doch auch etwas mit der Laune.
Ja, und auch die Ungeduld beim Autofahren ist ein großes Thema.
Simone: Ich glaube, das liegt daran, dass viele Menschen tatsächlich nur von A nach B wollen, und das so schnell wie möglich. Anstatt die Fahrt auch als Teil des Weges zu sehen und zu sagen: „Wenn ich schon im Auto unterwegs bin, kann ich einen Podcast hören, also zum Beispiel diesen hier. Oder ich kann meinen Gedanken freien Lauf lassen. Dann ist es auch egal, ob wir zwei oder drei Minuten länger im Stau stehen.
Aber da muss vorab ein Umdenken passieren, dass man sich einen Podcast fürs Auto sucht, oder dass man sich mit sich selbst beschäftigt. Also wie kann es „Click“ machen?
Simone: Ich glaube, der Click kommt von allein, weil der Stress auf Dauer nicht gesund ist. Bleiben wir bei dem Autobeispiel. Wenn wir Zeiten haben, die wir unbedingt im Auto verbringen müssen, darf derjenige sagen: „Okay, ich kann mich nun permanent darüber ärgern, und zwar zweimal am Tag mindestens eine halbe Stunde, oder ich kann das für mich als Me-Time definieren.“
Das wäre eigentlich eine gute Option zu erkennen: „Ja, diese Stunde habe ich für mich.“ Gerade bei Müttern zum Beispiel ist das super, da meist keine Kinder dabei sind, und sie den Gedanken freien Lauf lassen können. Natürlich braucht es dazu ein bisschen Reflexion: „Wie „ticke“ ich eigentlich? Warum bin ich so gestresst?“ Aber auch das geht, wenn man es wirklich möchte.
Kann man sich vorab, bevor man in den „Ungeduldsstress“ kommt, ein bisschen Zeit nehmen herunterzukommen, und erst gar nicht in diese Ungeduld zu verfallen?
Simone: Wenn ich weiß, in welchen Lebensbereichen oder in welchen Situationen ich besonders ungeduldig bin, dann helfen auf jeden Fall Atemübungen, das sogenannte „Breathwork“. Das kann man immer machen, damit es gar erst nicht zu Anspannung und Ungeduld kommt.
Manchmal reicht es auch, sich nur zu sagen: „Ich atme tief zehnmal in den Bauch ein.“ Richtige „Breathworkler“ können auch ein Hecheln anhängen, aber das ist nicht unbedingt nötig.
Man konzentriert sich auf sich und sagt: „So, und jetzt gehe ich in die Situation und bin ein bisschen gelassener.“ Das ist vielleicht nicht gleich das nächste Wunder, aber zumindest, wenn du es immer wieder übst, dann wird es auch etwas mit der Geduld.
Ist es vielleicht auch so, dass unser Umfeld uns ungeduldig macht?
Simone: Es macht auf jeden Fall einen Unterschied. Das kennt vielleicht jeder. Wenn du in deinem normalen gestressten Alltag in deiner Stadt unterwegs bist, wo jeder nur am Rennen ist, bist du auch selbst ungeduldiger.
Alternativ bist du im Urlaub, irgendwo an der Küste Kroatiens, alles geht auf einmal langsamer, und du passt dich mit der Zeit an und findest es nicht mehr so schlimm, dass die Makkaroni etwas länger über die Kassentheke wandern.
Das heißt, wir können das lernen. Heißt das aber auch, du kannst dein Umfeld komplett ändern in deinem Alltag? Nein. Aber, wenn du als gutes Beispiel vorangehst und an der Kasse mit der Kassiererin ein bisschen plauderst, oder die Menschen um dich herum mit einem Lächeln beglückst, dann kann das gleich etwas anders sein. Als Vorbild voranzugehen könnte schon helfen.
Oder einfach das Land wechseln?
Simone: Das wäre vielleicht auch eine Option. Aber ich würde sagen, lass uns die Stärken stärken. Wenn ich ein schneller Mensch bin, ist das an sich nichts Schlimmes. Dann kann ich sagen: „Ich komme voran, und es ist eine gewisse Motivation dahinter. Ich darf ein bisschen aufpassen, dass ich nicht zu ungeduldig bin. Und im Umkehrschluss, wenn ich eben geduldig bin, dann darf ich auch diese Stärke stärken, und manchmal kriege ich dann einen kleinen Popo-Tritt, damit es etwas schneller geht.
Vielleicht geht Ungeduld auch Hand in Hand mit den Gedanken und der Angst vor dem Scheitern. Genau darüber sprechen wir in unserer nächsten Podcast-Folge, und ich freue mich schon ganz besonders darauf.
Simone: Danke dir.
Ich hoffe es hat dir Spaß gemacht, den Podcast “zu lesen”
Deine Simone
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